Spargel hat wieder Saison:
“Die ganze Welt ist wie verhext. Veronika, der Spargel wächst”, heißt es im Schlager der Comedian Harmonists. Und tatsächlich geraten Genießer sofort in Verzückung, wenn mit dem Lenz der erste heimische Spargel auf den Märkten Einzug hält. Liegt es an der kurzen Saison oder am besonderen Geschmack, dass in der Spargelzeit das Gemüse vom Neben- zum Hauptdarsteller und Luxusgemüse auf unseren Tellern avanciert? Auf jeden Fall lohnt es sich, dem Geheimnis des Gourmet-Gemüses auf die Spur zu kommen.
Die Wiege des Spargels steht allem Anschein nach in Vorderasien, wo er als Wildpflanze verzehrt wurde. Die Griechen verehrten ihn als Heilkraut und sogar als heiliges Gewächs, das sie der Liebesgöttin Aphrodite weihten. Zur Kulturpflanze machten ihn die genussfreudigen und bekanntlich gut organisierten Römer.
Es gibt wirklich kaum ein Nahrungsmittel, dass so wenig Kalorien hat wie Spargel: nämlich gerade einmal 20 kcal/100 g, denn er besteht zu über 90 Prozent aus Wasser und kann mit vielen Mineralstoffen und Vitaminen aufwarten, darunter Vitamin A, B1, B2, B5, C, E und Folsäure. Den Tagesbedarf an Vitamin K decken sogar bereits 150 g des Stangengemüses.
Anders als man vermuten könnte, sind grüner und weißer Spargel keine verschiedenen Sorten, sondern eher verschiedene Typen. Die Unterschiede entstehen einzig und allein durch den Anbau. Der weiße Spargel verdankt seine vornehme Blässe der Tatsache, dass die Sprossen unter der Erde wachsen. Aufgeschichtete Erdwälle sorgen dafür, dass sie bis zur Ernte vor Tageslicht – und damit vor der Chlorophyllsynthese – geschützt bleiben. In Deutschland wird in fast allen Bundesländern Bleichspargel-Anbau betrieben. Die wichtigste Voraussetzung ist der richtige Boden. Am liebsten mag die Spargelpflanze leichte, sandige Böden, wie die des „Beelitzer Sanders“, südwestlich der Hauptstadt gelegen. Damit die Sonne die Sprosse zum Treiben anregen kann, bevorzugen die Spargelbauern nach Süden ausgerichtete vollsonnige Freiflächen. Im Anbau erweist sich die Pflanze als anspruchsvoll. Erst im dritten Jahr nach der Pflanzung kann der Spargel zu ersten Mal gestochen werden. Acht bis zehn Jahre bleibt ein Feld dann ertragreich, danach sinkt die Ausbeute erheblich. Auch in Zeiten der Mechanisierung bleibt die Bleichspargelernte Handarbeit. Denn keine Maschine kann das menschliche Auge und Fingerspitzengefühl ersetzen.
Lange Zeit galt der weiße Spargel bei uns als Nonplusultra. Doch inzwischen hat auch sein grüner Bruder einen festen Platz auf unseren Tellern. Seine Sprossen wachsen oberirdisch der Sonne entgegen und werden abgeschnitten, sobald sie eine Länge von circa 25 Zentimeter haben.
“Bis Johanni nicht vergessen, sieben Wochen Spargel essen”, sagt der Volksmund. Und in der Tat gilt es, die kurze deutsche Spargelsaison ausgiebig zu nutzen. Einen genauen Startpunkt gibt es nicht. Die Ernte beginnt witterungsabhängig frühestens gegen Ende März. Fest steht jedoch das Ende: Spätestens am 24. Juni, dem Johannistag, ist Schluss mit der Ernte. Danach darf sich die Pflanze fürs nächste Jahr erholen.
EU-Richtlinien legen die Handels- und Qualitätsklassen für Spargel genauestens fest. Unterschieden werden drei Handelsklassen: Extra, I und II. Ausschlaggebend für die Zuordnung sind Länge, Durchmesser und Wuchs der Stangen. Die Kategorien sagen jedoch nichts über die Frische und Geschmack aus. Beim Einkauf sollte man daher auf die äußeren Merkmale achten: Die Stangen müssen frisch und knackig aussehen, die Schnittstellen dürfen nicht ausgetrocknet sein. Ist man sich bezüglich der Frische nicht sicher, hilft ein kurzer Test: Einfach die Schnittstelle mit dem Fingernagel einritzen. Tritt aromatisch duftender Saft aus, ist das Gemüse frisch. Idealerweise verzehrt man Spargel direkt nach dem Kauf. Im Kühlschrank hält er sich aber zwei bis drei Tage sehr gut. Weiße Stangen wickelt man in ein feuchtes Geschirrtuch, grünen Spargel kann man auch stehend in eine mit zwei Zentimeter mit Wasser gefüllte Schale stellen. Geschützt werden sollte Spargel unbedingt vor Sonneneinstrahlung. Optimal zur Aufbewahrung eignet sich ein Leinentuch – es speichert Feuchtigkeit, ohne dass es zu Schimmelbildung kommt.
Beim Schälen von Bleichspargel gilt: „Wer geizt, ist ein Verschwender!“ Also lieber etwas dicker schälen, weil sonst zu viele holzige Stellen übrigbleiben. Das geht am besten mit einem guten Schälmesser oder Sparschäler. Die Stangen werden unterhalb des Kopfes mit Daumen und Zeigefinger gestützt und in die Handfläche gelegt. Dann vom Kopf abwärts schälen und zum Ende hin dicker werden. Zum Schluss die Schnittstelle großzügig anschneiden. Verschwendung ist das großzügige Schälen auch deshalb nicht, weil sich Schalen und Schnittenden als Basis für eine Spargelcremesuppe oder einen Entschlackungsdrink verwenden lassen. Grünspargel wird nur am unteren Ende bis zu maximal einem Drittel geschält. Die klassische Garmethode ist das Kochen in Salzwasser. Am besten fügt man etwas Zucker und Butter hinzu. So bekommt das Gemüse mehr Aroma. Werden die Stangen stehend in einem Spargeltopf gekocht, sollten die Spitzen aus dem Wasser ragen. Die Garzeit beträgt je nach Dicke der Stangen bei weißem Spargel bis zu 20 Minuten, Grünspargel braucht maximal 12 Minuten. Trotzdem hat diese Methode den Nachteil, dass viel Geschmack aus dem Spargel ins Wasser entweicht. In einem Dampfgarer hingegen bleibt das volle Aroma erhalten.
Beim Servieren sollte man darauf achten, dass der Spargel möglichst trocken auf den Teller kommt, damit die Sauce nicht verwässert. Dabei helfen spezielle Spargelplatten mit Locheinsätzen. Die überschüssige Flüssigkeit läuft durch den Abtropfeinsatz nach unten ab. Nichts weicht auf und der Spargel bleibt knackig und appetitlich.
Soll das edle Gemüse als Hauptakteur gereicht werden, nimmt man circa 500 g pro Person, als Beilage reichen 200-250 Gramm. Der Klassiker unter den Beilagen ist die Kartoffel. Aber auch Nudeln oder Reis passen durchaus. In Bezug auf Fleisch bieten sich – ganz klassisch – Schinken oder Schnitzel an. Hervorragend harmonieren jedoch auch Geflügel oder Fisch. Abwechslung bieten raffinierte Rezepte, wie Safran-Spargelrisotto, grüne Spargelcreme und Spargelsalat mit Piment d‘Espelette-Fruchtpüree-Vinaigrette sowie Saucen, angeführt von den Klassikern Butter und Hollandaise.
Als Weinbegleiter empfehlen sich junge, trockene, nicht zu schwere oder blumige Weißweine, die den mineralischen Geschmack des Spargels nicht überdecken: Riesling, Silvaner, Weißburgunder oder Müller-Thurgau. Genießen wir die Saison. OH